„Mein neues Leben“

kreuz und quer
Di., 13.11.2018
22:35 Uhr, ORF 2

Die öffentliche Meinungsbildung über nach Europa Geflüchtete wird oft wegen politischen Klein- oder Großgeldes durch Angstmache gezielt gegen Menschen auf der Flucht beeinflusst und benutzt. Die Bevölkerung wird durch die Polarisierung der Flüchtlingsfrage und die Darstellung der Flüchtlinge als „Unglücksbringer“ und „Lebensstandard-Zerstörer“ immer stärker verunsichert. Anstatt zu einer ernsthaften politisch-parlamentarischen Angelegenheit, wird die Flüchtlingsfrage zu einem Konflikt zwischen den Geflüchteten auf der einen und den Asylbehörden, deren Beamten sowie der sozialgeschwächten Bevölkerung auf der anderen Seite, dargestellt.

Am 13. November ab 22:35 Uhr in ORF 2, zeigt kreuz und quer zwei Dokumentarfilme von Zoran Dobrić zum Thema Flucht und Asyl, die sich, einerseits mit dem 2015 aus Afghanistan geflüchteten (und mittlerweile 28 Jahre alten) Noorullah Qureshi, andererseits aber auch mit der österreichischen Asylbehörde und den staatlichen Integrationsmaßnahmen, die den Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten unter die Arme greifen sollten, beschäftigen.

Der erste Dokumentarfilm „Mein neues Leben“ begleitet Noorullah Qureshi von Juni 2017 bis November 2018. Sechs Monate, nachdem er seine Fluchtgründe und Fluchtgeschichte dem zuständigen Asylbeamten im Büro für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erzählte, wartet der junge Afghane noch immer auf seinen Asylbescheid.

Zum ersten Mal darf eine Filmkamera dabei sein, als der zuständige Asylbeamte einen Asylbescheid verfasst und abschickt.

Noorullah Qureshi ist bemüht in Österreich Fuß zu fassen und sich zu integrieren: „Das ist für mich jetzt ein neuer Anfang und er wird für mich nicht leicht sein. Ich muss mich jetzt bemühen eine Wohnung zu finden, die habe ich nötig. Dann muss ich schauen, was ich danach machen muss, wie ich zur Schule, zu den Kursen und zur Arbeit und eben all dem weiterkommen kann, in Zukunft“, sagt der Afghane.

Und es ist tatsächlich ein spannender Weg. Seit dem 1. November 2017 sind Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte verpflichtet an staatlichen Integrationsmaßnahmen teilzunehmen. All jene, die das nicht tun, müssen mit Kürzungen der Mindestsicherung rechnen.

Einer der vielen interessanten Einblicke, die der Film ermöglicht, ist die Veränderung der Sprachkenntnisse bei Noorullah Qureshi. Anfänglich gibt er seine Interviews in seiner Muttersprache, Pashtu. Doch, bald ist zu sehen, wie wichtig die Gratis-Deutschkurse sind, zu denen der Staat Österreich Asylberechtigte verpflichtet: „Mein Deutschkurs ist sehr gut und wir haben heute Grammatik gelernt. Akkusativ, Dativ und das gefällt mir sehr gut. Wir haben einen guten Deutschkurs“, meint Noorullah Qureshi.
Der Dokumentarfilm zeigt Alltägliches, Freundes-, Wohnungs- und Arbeitssuche und die vielen behördlichen Wege, anhand derer klar wird, wobei und wie der Staat Österreich Asyl- und Subsidiär Schutzberechtigten unter die Arme greift und wo er sie im Stich lässt.

Als besonders schwierig stellt sich die Wohnungssuche heraus. Eigentlich ein unmögliches Unterfangen: „Er kann für vier Monate weiterhin in der Grundversorgungseinrichtung bleiben in der er ist. Aber am Ende der vier Monate muss er dort wirklich ausziehen und nach Möglichkeit in eine eigene Wohnung. Erst nachdem er eine Wohnung gefunden hat, könnte er Mindestsicherung beantragen. Das hilft ihm aber nicht im Hinblick darauf, da bei der Wohnungssuche Provision, Kaution und alle möglichen weiteren Zahlungen anfallen, die man mit leeren Taschen sozusagen ja nicht abgleichen kann“, meint die Caritas-Juristin Katrin Hulla.

Der Dokumentarfilm „Mein neues Leben“ ermöglicht tiefe Einblicke in den Integrationsprozess der nach Österreich geflüchteten Menschen.

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